1) Die Kirche begleitet und feiert mit den Menschen entscheidende Ereignisse im Leben (Geburt mit Taufe, Schulalter mit Erstkommunion, Jugendalter mit Firmung, Eheschliessung mit kirchlicher Trauung, Lebenskrisen mit dem Sakrament der Versöhnung, Krankheit und Sterben mit der Krankensalbung, Tod mit Begräbnis)

Wichtig ist vor allem das Gefühl der Geborgenheit in der kirchlichen Gemeinschaft. Wer sich wohl fühlt in der Katholischen Kirche sollte sicher nicht austreten. Andererseits gibt es aber auch andere christliche Kirchen oder andere Religionen. Möglicherweise verspürt man aber im Laufe des Lebens den Drang anderswo religiöse Geborgenheit zu suchen, bis zum Tod bei der Katholischen Kirche zu bleiben, weil man als ahnungsloser Säugling dazu kam, ist dann vielleicht auch nicht der richtige Weg.

2) Die Kirche leistet innerhalb der Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag für die ethisch-religiöse Bildung der Menschen (Religionsunterricht, Erwachsenenbildung, Predigt), für ein christlich motiviertes soziales Bewusstsein und Zusammenleben (Nächstenliebe, Offenheit für die Schwächeren und die Fremden in der Gesellschaft) und für ein solidarisches weltweites Bewusstsein und Handeln (Missions- und Entwicklungsarbeit)

Die Vermittlung christlicher Werte im Religionsunterricht ist für die Kinder im Prinzip nichts Schlechtes. Als junge Erwachsene können Sie dann immer noch selber urteilen, die die Kirchenmitgliedschaft für den Rest des Lebens das richtige ist. Für christlich motiviertes soziales Bewusstsein und Zusammenleben ist die Kirchenangehörigkeit sicher nicht Bedingung, obwohl die Kirche gelegentlich den Eindruck vermittelt, Jesus und die Bibel für sich alleine gepachtet zu haben.

3) Die Kirche ist aktiv sozial tätig. Sie engagiert sich in der Kinder- und Jugendarbeit, leistet Sozialarbeit mit Beratung und Vernetzungsarbeit, engagiert sich in der Kranken- und SeniorInnen-Betreuung durch Freiwillige und initiiert und koordiniert vielfältigste Freiwilligenarbeit im Dienst an Menschen und für ihre Gemeinschaft.

Es wird sicherlich wertvolle Freiwilligenarbeit geleistet. Andererseits stehen der Kirchgemeinde durch die Kirchensteuer auch erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung: ob die gewöhnlichen Leute völlig unentgeltlich arbeiten sollen, während der Pfarrer ein fünfstelliges Monatsgehalt erhält, ist fraglich.

4) Die Kirche ist in unserer Gesellschaft Teil der Kultur, selber kulturell tätig und unterstützt und fördert auf vielfältige Weise das kulturelle Leben in der Gesellschaft (Konzerte, Architektur und Kunst in den Kirchen, Förderung von Chören und Bereitstellung von Räumen für die Allgemeinheit für kulturelle Anlässe vielfältiger Art).

Wenn man sich die Statistik über die Armut in unserem Land anschaut, ist es wohl gerechtfertigt ein dickes Fragezeichen zu setzen, ob sich ausgerechnet die Kirche in der Förderung Konzerten, Architektur und Kunst profilieren soll.

5) Sie schwächen mit Ihrem Austritt weder die Weltkirche noch die Kirchenleitung, sondern das Leben in unserer Pfarrei und das Engagement der Seelsorgenden und zahllosen Freiwilligen, die oft selber unter den Ansichten und Entscheiden der Kirchenleitung in Rom leiden und sich für eine offene, glaubwürdige und am Menschen orientierte Kirche stark machen.

Das ist richtig, nur weil man mit dem gewärtigen Papst oder anderen Herren Hochwürden einmal nicht einverstanden ist, sollte man nicht gleich austreten. Wer allerdings wie die Seelsorgenden und zahllosen Freiwilligen unter der Kirchenleitung in Rom leidet, sollte sich ernsthaft Gedanken machen, ob das die richtige Gemeinschaft ist.

6) Mit ihrer Mitgliedschaft stehen Sie für ein Stück Demokratie in der Kirche ein. Nur dank unseren Kirchgemeinden bestimmen wir selber über unsere Kirchensteuern und haben finanzielle Einflussmöglichkeiten. Mit einem Kirchenaustritt geben Sie demokratische Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte freiwillig auf (Umgang mit Kirchengeldern, Wahl des Pfarrers, Abstimmungen über eine Kirchenrenovation etc.).

Ein wirkliches Pro-Argument zum Verbleib bei der Kirche ist die demokratische Mitbestimmung beim Geldausgeben nicht. Man hat schlicht und einfach zwei Möglichkeiten: a) man zahlt mit und bestimmt mit, oder b) man zahlt nicht mit und bestimmt nicht mit.

7) Ein Kirchenaustritt ist Wasser auf die Mühle jener Kreise in der Kirche, die nur darauf warten, dass die Kirche von staatskirchenrechtlichen Rahmenbedingungen unabhängiger wird, damit sie ihren traditionellen Kurs ohne

Die Wechsel auf die Finanzierung über Spenden würde die Löhne der Würdenträger wohl schmerzlich schmälern. Statt wie bei uns ein Hochlohnberuf ist z.B. in Frankreich der Priester-Beruf ein Niedriglohnberuf.

8) Sie ersparen sich und Ihren Angehörigen unangenehme Diskussionen und schwierige Situationen, wenn Sie aufgrund anderer Lebensumstände wieder den Wunsch nach einer kirchlichen Dienstleistung haben.

Andererseits ist es aber auch unklug seinen Frust zum Schutz der Angehörigen in sich zu fressen, statt in sich hinein zu fühlen den Lebensweg so zu gestalten, wie es einem das Herz rät.

9) Das geltende Staatskirchenrecht, das seinerzeit auch für die Kontrolle des Staates über die Kirche und gegen Auswüchse ihres Herrschaftsanspruches eingeführt wurde, hat sich über mehr als hundert Jahre bewährt, ebenso die öffentlich-rechtliche Anerkennung einzelner Kirchen und das damit verbundene Recht zum Einzug der Kirchensteuer durch den Staat. Mit einer Kirchensteuer auf der Basis von Einkommen und Vermögen haben wir ein gerechtes Kirchensteuersystem und die Kirche kann ihre Stimme unabhängig von reichen Geldgebern freier erheben.

Und das Staatskirchenrecht wird sich wohl auch nochmals 100 Jahre bewähren, denn in der Schweiz gibt es zur Zeit keine wirkliche Tendenz daran zu rütteln. Es wäre also fehl am Platz sich Sorgen zu machen, dass ich mit meinem Austritt gleich das ganze Staatskirchenrechts-Gebäude zum Einsturz bringen würde.

10) Werfen Sie noch einen Blick auf die aktuelle Pfarrei-Agenda und überzeugen Sie sich, wie viel Wertvolles in unserer Pfarrei und Kirchgemeinde auf dem Spiel steht.

Vermutlich bestehen da ausgeprägte Korrelationen: Wem die Pfarrei-Agenda nahe liegt, dem liegt der Kirchenaustritt fern. Wem die Pfarrei-Agenda fern liegt, dem liegt der Austritt nahe.

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