Studie zum sexuellem Missbrauch katholischen Kirche

Rückblick von ref.ch auf die letztjährige Austritts-Welle

ref.ch: Schmerzhafte Bilanz

Es ist schon seit über zehn Jahren eine gewisse Kopplung der Zahlen der Kirchenaustritt aus der evangelisch-reformierten Kirche und der römisch-katholischen Kirche zu beobachten. Im vergangen Herbst erlebte die reformierte Kirche erneut massive Auswirkungen auf die Mitgliederzahlen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung einer Missbrauchsstudie in der katholischen Kirche. Während die Reformierten im ersten Halbjahr vergleichsweise stabil waren, änderte sich die Situation ab dem Herbst radikal. Die im September publizierte Studie löste in der ganzen Schweiz einen Anstieg der Kirchenaustritte aus, wie ihn die Landeskirchen in diesem Ausmass bislang nicht erlebt hatten.

Kantonale Unterschiede

Die reformierte Kirche im Kanton Luzern musste in den Monaten nach der Veröffentlichung Hunderte Austritte verzeichnen. Diese Dynamik der Kirchenaustritte im Kanton Luzern war jedoch kein lokales Phänomen, sondern spiegelte sich in fast allen reformierten Kantonalkirchen der Schweiz wider. Verantwortliche der Kirchen führten den deutlichen Anstieg der Austritte zumindest teilweise auf die Diskussionen um die Missbrauchsfälle zurück. Interessant bleibt jedoch, dass viele Austrittswillige keine explizite Begründung angaben. Die Studie könnte somit eher ein Katalysator für bereits bestehende Entfremdungstendenzen gewesen sein.

Trotz der alarmierenden Austrittszahlen zeichnet sich ein differenziertes Bild ab. Während einige Kantonalkirchen von einem regelrechten Anstieg berichteten, blieb der Effekt in anderen Regionen moderater. Ein Grund für die Unterschiede könnte in regionalen Besonderheiten oder einer bereits früher begonnenen Auseinandersetzung mit sensiblen Themen liegen. Trotzdem steht den Reformierten die eigene Aufarbeitung von Missbrauchsfällen noch bevor, was möglicherweise weitere Herausforderungen mit sich bringen wird.

Anstieg bei den Kircheneintritten

Ein bemerkenswerter Aspekt inmitten dieser Krise ist die leicht gestiegene Zahl von Kircheneintritten, mit den Spitzenwerten in den Kantonen Luzern, Baselland und Graubünden. Besonders auffällig ist, dass viele dieser Eintritte von Personen stammen, die zuvor einer anderen Landeskirche angehörten. Dies deutet darauf hin, dass manche Menschen trotz Enttäuschung über ihre bisherige Konfession weiterhin einen Bezug zur Kirche suchen, jedoch eine Alternative zur katholischen Kirche bevorzugen.

Diese dynamische Entwicklung hat gezeigt, wie stark gesellschaftliche Themen und kirchliche Strukturen miteinander verwoben sind. Für die reformierten Kirchen ergibt sich aus der aktuellen Situation die Herausforderung, nicht nur die verlorenen Mitgliederzahlen zu analysieren, sondern auch Wege zu finden, das Vertrauen und die Verbindung zu ihrer Gemeinschaft wieder zu stärken. Neue Angebote wie digitale Seelsorge könnten ein Ansatz sein, doch eine langfristige Lösung wird wohl auch eine ehrliche Auseinandersetzung mit kritischen Themen erfordern.

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